Verschiedenes

Verschiedenes

Resigniert schrieb 1949 der Wildbiologe Aldo Leopold:
"Nur die Berge leben lange genug, um das Geheul der Wölfe zu verstehen."
Vor allem diesem Heulen hat der Wolf es zu verdanken, daß er seit Urzeiten dem Menschen unheimlich ist. Im Mittelalter galt das Heulen als Zeichen dafür, daß die "blutrünstige Bestie" einen Pakt mit dem Teufel geschlossen habe. Hatte schließlich doch schon Jesus in seiner Bergpredigt vor den "Wölfen im Schafspelz" gewarnt und damit die falschen Propheten gemeint.
Und obwohl es bald 150 Jahre her ist, daß der letzte frei lebende Wolf in Deutschland geschossen wurde, ist das Märchen vom bösen Wolf der Brüder Grimm immer noch präsent., wird der Mythos vom Erzfeind des Menschen bis heute kultiviert.

"Der Wolf verleiht dem Wald einen eigenen Reiz, auch wenn er in den Augen der Bevölkerung eine Gefahr darstellt. Womöglich verlieren unsere Wälder vollends den Heiligenschein früherer Urwälder, wenn das letze dieser Raubtiere gefallen ist."
(B. Swietorzecki, Polen 1926)

WÖLFE
Eigenschaften
Wölfe sind ohne Zweifel die Könige der Wildnis und zugleich die Raubtiere der nördlichen Hemisphäre, um die sich die meisten Legenden spinnen. Wölfe haben gleichermaßen eine Vorliebe für Dall-Schafe, Elche und Karibus. Sie scheinen für diese schreckliche Spezialisierung geradezu geschaffen zu sein; denn er gehört zur Ordnung der Raubtiere (Carnivora). Sie werden durch bestimmt gemeinsame Eigenschaften charakterisiert. Das sind vor allem lange Eckzähne (kräftige Reißzähne) mit spitzen Enden, einfaches Verdauungssystem, scharfe Krallen sowie ein hoch entwickeltes Gehirn.
Wölfe sind große Tiere; von allen Unterarten gelten die in Alaska vorkommenden als größte Wölfe der Welt - der schwerste Rüde, von dem man bisher gehört hat, wog 80 Kilogramm. Robust gebaut und langbeinig, kann ein Wolf etwa zwei Kilometer weit mit einer Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern rennen, er kann auch meilenweit einen leichten 8-Stundenkilometer-Trab durchhalten. Seine Ausdauer kommt ihm bei der Jagd vorzüglich zustatten, zumal er seine Opfer meistens im Laufen angreift. Mit den Zähnen kann er das Fell des Opfers aufschlitzen und das Fleisch herausreißen. Kräftige Kiefer und lange Eckzähne erlauben es ihm, sich an einem fliehenden Opfer festzubeißen. Dr. L. David Mech, der Autor des Buches The Wolf berichtet, wie ein Wolf sich am Maul eines Elchs festgebissen hatte; der Elch war außer sich und hob den Angreifer vom Boden hoch in dem verzweifelten Versuch, ihn abzuschütteln, ohne sich von ihm befreien zu können. Ein Wolf kann niemals sicher sein, woher er die nächste Mahlzeit nehmen wird; er muß deshalb den bestmöglichen Gebrauch von den Tieren machen, die er getötet hat. Er befeuchtet große Fleischstücke mit Speichel und schlingt sie unzerkaut hinunter. Die Fleischmenge, die er bei einer Mahlzeit zu sich nehmen kann, ist beträchtlich - bis zu 11 Kilogramm. Im Magen eines Wolfs fand man neben großen Fleischstücken und einer Menge Haare die Leber, die Nieren, die Luftröhre, ein Ohr und die Zunge eines Karibu. Die großen Knochen der größeren Opfer knabbert er sauber ab (kleine Tiere verschlingt er ganz), die kleineren Knochen zerbeißt er, um an das Mark heranzukommen. Selbst das Blut, das auf den Boden spritzt, leckt er auf, und im Winter frißt er den blutigen Schnee. Wenn er gefressen hat, ruht er sich aus. Die Verdauung geht rasch vor sich. Nach wenigen Stunden kann er schon wieder fressen, obgleich er manchmal tagelang herumlaufen muß, ehe er wieder ein Opfer findet.

Angriffsstrategie
Ist er allerdings der Jäger, und nicht das Opfer, dann benimmt er sich erstaunlich kaltblütig und intelligent. Haben die Wölfe auf der Jagd ihr Opfer entdeckt, geraten sie in Erregung, bringen es zunächst jedoch fertig, sich zurückzuhalten. Sie nähern sich der Beute intensiv geradeaus starrend. Ihr Schwanz zuckt heftig hin und her. Wenn sie ihr nahe genug sind, um einen Angriff zu unternehmen, bleiben sie stehen und betrachten das Opfer einige Sekunden lang eingehend, ehe sie sich bellend und heulend auf es stürzen. Rennt das Opfer weg, jagen sie es; sobald sie jedoch merken, daß sie nicht mithalten können - was oft schon nach wenigen hundert Metern der Fall ist -, geben sie auf. Behauptet sich ein Opfer, zum Beispiel ein Elch, sehen die Wölfe es sich aufmerksam an, um herauszufinden, ob es irgendwelche Schwächen zeigt, die es zu einem weniger gewaltigen Gegner machen. Sie spüren selbst die geringfügigsten Leiden und Verletzungen und achten besonders darauf, ob das Opfer den Kopf stärker senkt als normal oder ob die Reflexe langsamer sind. Häufig genügen wenige Minuten, um ihnen zu sagen, ob sie angreifen sollen oder nicht. Nur wenn sie absolut sicher sind, daß sie ihr Opfer auch überwältigen können, umzingeln sie es. Die Art des Angriffs richtet sich ganz nach dem Opfer. Kleineren Tieren, Karibus oder auch Dall-Schafen, springen sie an das Hinterteil, den Bauch oder die Kehle - an jeden verletzlichen Körperteil - und werfen sie um. Bei Elchen müssen sie vorsichtiger und geschickter vorgehen. Ein Elch ist groß und stark. Obgleich er den Wölfen davonlaufen könnte, bleibt er meistens stehen. Wenn er wütend ist, kann er seine Angreifer drei bis vier Meter hoch in die Luft schleudern. Diesem eindrucksvollen Widersacher gegenüber besteht die Technik der Wölfe im allgemeinen darin, sich an die Hinterbeine und an die Nase heranzumachen, wobei sie sorgfältig darauf achten, den flinken, tödlichen Vorderhufen auszuweichen. Da sie genau wissen, daß ein verwundetes Opfer noch gefährlicher sein kann, töten sie es erst dann, wenn es durch den Blutverlust geschwächt ist. Trotz ihrer scheinbaren Geschicklichkeit haben sie eine erstaunlich niedrige Erfolgsquote beim Jagen. Haber registrierte im Laufe von 64 Tagen, die er im Winter 1970/71 mit der Beobachtung von Wölfen verbracht hat, alle Aktivitäten - Jagen und Aasfressen - eines aus 13 Mitgliedern bestehenden Rudels im McKinley Park. Sie fraßen 16 Kadaver verschiedener Tiere, die wegen der in jener Periode herrschenden Kälte verendet waren. Von 113 Elchen, die sie trafen und testeten, überwältigten sie lediglich 10. Sie hetzten zwar 224 Dall-Schafe, fingen aber nur 13, und verfolgten 26 Karibus, von denen sie nur eines töteten. ,,Die Tiere, die die Wölfe rissen, waren aus irgendeinem Grund nicht auf der Höhe", berichtet Haber. ,,Obgleich man nur schwer etwas über den Zustand derjenigen sagen kann, die entkamen, darf man wohl annehmen, daß sie im allgemeinen die gesündesten waren."

Der "böse Wolf"? Sie sind wieder da, die Wölfe. Im Osten Deutschland, vor allem in Brandenburg, tauchen immer häufiger versprengte Rudel auf. Sie stammen aus Polen und Rußland, wo die Bestände ständig steigen, schwimmen durch die Oder und durchstreifen die großen Wälder Brandenburgs.

Seit dem frühen Mittelalter figuriert der Wolf als böses Tier und furchterregendes Ungeheuer, das ganze Schafe verschlingt, vor allem aber kleine Mädchen frißt, nächtens durch die Wälder geistert und mit dem Teufel im Bunde ist. Heute sind sich Historiker und Biologen einig: Wölfe machen einen großen Bogen um Menschen, sind viel zu schlau, sich mit einem Zweibeiner anzulegen. Findet der Wolf genügend Beute, läßt er übrigens auch Schafe und Kühe in Ruhe.
Wölfe sind perfekte Jäger und mit bemerkenswerten Fähigkeiten ausgestattet. Sie können offenbar fast so gut sehen wie Menschen, wittern ihr Beute über mehrere Kilometer und hören bei Windstille im freien Gelände jeden Schritt im Umkreis von 15 Kilometern. Und sie sind überaus schlau und vorsichtig, also keineswegs blindwütige Angreifer. Sie besitzen übrigens 30 Prozent mehr Hirn als der intelligenteste Haushund.
So haben Biologen entdeckt, daß Wolfsrudel ihre erspähte Beute genau unter die Lupe nehmen und testen, bevor sie gestellt wird. Beutetiere in guter körperlicher Verfassung werden nicht angegriffen, man krallt sich aus Gründen der Effizienz die schwächsten, ältesten oder auch nur kranke Tiere. Das spart Kraft und bringt dasselbe Ergebnis.
Ein Wolfsrudel operiert arbeitsteilig. Die individuellen Fähigkeiten der verschiedenen Rudel-Mitglieder werden bedarfsgerecht eingesetzt. Vorsichtige und scheue Wölfe sind für die Gefahrenerkennung zuständig. Selbstbewußte und mutige Tiere stürmen voran, wenn größere Beute geschlagen wird. Die Geduldigen im Rudel kümmern sich ums Kleinwild.
Für jedes Beutetier gibt es eine besondere Jagdtechnik. Wölfe wissen genau, wie sich die verschiedenen Beutetiere zu verteidigen suchen. Darauf ist die Jagdtechnik abgestimmt. Hunde werden an der Kehle gepackt; der Grund weswegen Hüte- und Herdenschutzhunde ein mit spitzen Eisennägeln bewehrtes Halsband tragen, Pferde werden von vorne angegriffen, um den Hufschlägen zu entgehen. Eine Kuh wird von hinten in das Euter gebissen. Ein Schwein wird meist zu zweit angegriffen: Ein Wolf beißt sich am Ohr fest, ein anderer geht ihm an die Kehle. Schafe werden auch am Hals gepackt. In der Regel wird im Rudel gejagt. Nur im Verband können große Beutetiere überwältigt werden. Einzeltiere haben nur Jagderfolg bei kleinen Tieren, wie Hasen oder Lämmer.
Das Wolfsrudel ist eine Funktionseinheit. Das Band, das sie zusammenhält, ist die gegenseitige Sympathie und Achtung. Die Grundlage für das Zusammenleben im Rudel ist die Fähigkeit, miteinander Kontakt aufzunehmen, die Kommunikation. Bei den Jagdmanövern von Wölfen erkennt man deren hohe Auffassungsgabe und Intelligenz. Jeder Wolf entscheidet anhand von angeborenen und erlernten Verhaltensmustern selbst, was in bestimmten Jagdsituationen zu tun ist. In Sekundenschnelle schätzt er die Reaktion der Beute ein, kalkuliert die Beschaffenheit des Geländes und die bereits von seinen Jagdgenossen ausgeführten Manvöver. Diese Beobachtungen baut er in seine eigene Entscheidung mit ein, die auch die Entscheidung des gesamten Rudels sein kann: eine Jagt entweder erfolgreich zu beenden oder den Entschluss zum Abbruch zu treffen.
(Dr. Angelika Sigl, promov. Biologin)
Wölfe fressen so ziemlich alles, was ihnen in die Quere kommt: Mäuse verschmähen sie ebensowenig wie einen ausgewachsenen Ochsen. In jedem Fall muß es Fleisch sin. Vegetarische Kost verdaut der Wolfsmagen nicht.
Für das Überleben in freier Wildbahn ist der Wolf bestens gerüstet. Die Evolution hat ihm eine Wetterkleidung verpaßt, die ihresgleichen sucht: Der Wolf friert nicht, er ist gegen Schnee und Regen geschützt. Das Winterfell wird über sechs Zentimeter dick - ist Schlafsack und Zudecke in einem. Der Wolf legt sich im Winter einfach in den Schnee - und läßt sich einschneien.

Wußten Sie?
- daß nicht einmal 10 Prozent der Jagdversuche des Wolfes von Erfolg gekrönt sind

- daß die Wolfsrasse Japans bereits völlig ausgerottet ist. daß ein Wolf in der Lage ist, einen Tropfen Blut in
einem Eimer Wasser zu schmecken

- daß zwischen den einzelnen Revieren der verschiedenen Rudel eine breite Schneise ungenutzt bleibt.
In diesem Niemandsland kann sich das Beutewild ungestört vermehren. Erst wenn Nahrungsmangel es
zwingt, in die Wolfsreviere überzuwechseln, wird das Wild gerissen. In seine <Vorratskammer>, das Nie-
mandsland, dringen Wölfe nur im äußersten Notfall ein - wenn der Hunger übermächtig wird.

- Hunde helfen Wölfen beim Beutemachen:
ein Hund, der zu einemWolfsrudel "überläuft" oder einem zufällig in den nordischen Wäldern begegnet, wird zunächst immer schmerzhaft gebissen. Zeigt der Hund seine Wehrhaftigkeit und beißt zurück, wird er nicht, wie noch vor 30 oder 40 Jahren totgebissen, sondern am Leben gelassen und als Mitglied des Rudels angenommen. Zeigt der Hund allerdings Schwäche, wird er totgebissen und verspeist.
Skandinavische und russische Tierforscher stellten die Umstellung der Wildtiere in einem umfangreichen Forschungsprogramm fest. Es scheint sogar so, daß einige Wolfsrudel sich mit dem Anlocken und Umerziehen
von Hunden befassen. In Sibirien wurde beobachtet, wie zwei Wölfinnen durch intensives Liebeswerben zwei Jagdhunde anlockten. Nach Monaten wurden die beiden Hunde wieder völlig verwildert als Mitglieder des Rudels gesichtet. Nach Meinung der Forscher bildeten die Wölfe ihre gezähmten Enkel aufgrund ihres früheren Umgangs mit dem Menschen regelrecht zu "Pfadfindern" zu Tierstätten und Viehherden aus. Die Hunde wiederum bildeten die Wölfe im Beutemachen in menschlichen Behausungen aus.

- daß er einen halben Tag an einem Stück mit einer Geschwindigkeit von acht Stundenkilometern laufen kann.
Bei kurzen fünf- bis zehnminütigen Sprints erreicht er sogar eine Geschwindigkeit von 65 Stundenkilometern.
Er verfolgt Rehe und Hirsche so lange, bis sie erschöpft aufgeben, bebor er sie schließlich angreift.

- Die Vorstellung, daß Wölfe einander ein Leben lang treu sind, entspricht nicht unbedingt der Wahrheit.
So macht z.B. der Tod eines dominanten Wolfes eine neue Paarbildung unvermeidlich, und auch Kämpfe und
Verletzungen können eine neue Hierarchie hervorbringen, wenn ein jüngeres Tier die dominante Rolle über-
nimmt. Normalerweise besteht zwar eine starke Bindung zwischen dem Alphapaar, doch das heit nicht, daß
Wölfe grundsätzlich monogam sind.

- Der allgemein verbreitete Glaube, daß Wölfe den Mond anheulen, entspricht nicht der Wahrheit.

- Je weiter der Mensch vom Wolf etfernt lebt, um so schrecklicher sind die Geschichten, die man sich über ihn erzählt.



>>LASST DIE NATUR IN RUHE, SIE WIRD'S SCHON RICHTEN<<
Als sich die Elche durch günstige Äsungsbedingungen und die Geburt von besonders vorsichtigem und wehrhaftem Nachwuchs stark vermehrten, beobachtete Dave Mech bei den Wölfen eine fast sensationelle Geburtenkontrolle. Die großen Rudel, in denen sich immer nur der ranghöchste Rüde und die ranghöchste Wölfin paaren dürfen, teilten sich. Dadurch konnte in jedem der kleinen Rudel eine Alphawölfin Welpen bekommen. Der Wolfsbestand erhöhte sich und damit der Jagddruck auf die Elche. Erst als das Gleichgewicht wiederhergestellt war, wurden die Wolfsrudel erneut größer und die Geburtenrate sank.

Das Verhältnis zwischem dem Wolf und seiner Beute hat sich im Laufe der Evolution so gut aufeinander eingespielt, dass andere weiterexistieren können. Das ökologische Gleichgewicht stellt sich immer wieder ein. Gordon Haber, ein Biologe aus Alaska, vergleicht das Töten eines dominanten, ausgewachsenen Wolfes mit der Ermordung eines angesehenen Stammesältesten in einem menschlichen Clan. Beraubt man eine Gruppe der Quelle ihres Wissens (bei Wölfen ist es das Wissen um Höhlen, Wanderpfade, Jagdstrategien und das soziale Verhalten des Rudels ), bleiben die Überlebenden orientierungslos zurück!

CANIS LUPUS UND DIE ERBEN

Genetische Studie aus den USA belegt, was Zoologen schon lange geahnt haben:
Alle Hunderassen stammen vom Wolf ab

Ob Windhund oder Königspudel, Mops oder Dalmatiner - so unterschiedlich diese Rassen auch aussehen, sie alle stammen vom Wolf ab. Die Ahnen heutiger Hunde sind demnach nicht aus der Vermischung wildlebender Verwandter entstanden, etwa der von Schakalen und Kojoten. Dieses hatte der berühmte Evolutionsforscher Charles Darwin im vergangenen Jahrhundert vermutet. Drei Viertel aller heutigen Hunderassen entspringen sogar einer einzigen Wolfslinie, berichtete das US-Wissenschaftsmagazin "Science". Außerdem sind sie die Abkömmlinge eines einzigen Zähmungsversuchs.

Ein Team von Genetikern und Evolutionsbiologen aus den USA und Schweden konnte nicht nur belegen, daß der Wolf der einzige Urahn des Hundes ist, sondern auch, daß der Mensch nach dem ersten Domestizierungsversuch noch mindestens einen weiteren unternommen hat, so Robert Wayne, Leiter der internationalen Arbeitsgruppe an der Universität von Kalifornien in Los Angeles.

Die Wissenschaftler sammelten und untersuchten das Erbgut (DNA) von 162 Wölfen aus 27 Regionen der Erde, aus Europa, Nordamerika und Asien. Diese DNA verglichen sie mit den genetischen Informationen von 140 Haushunden, die 67 Rassen angehören. Weil die wilden "Hundeartigen" der Gattung Canis miteinander kreuzbar sind und deshalb als potentielle Vorfahren des Haushundes in Frage kommen könnten, analysierten Wayne und seine Mitarbeiter auch das Erbgut von Kojoten und Schakalen.

"Diese Studie ist die genetische Bestätigung für das, was die meisten Zoologen vermutet haben", sagt David Mech, ein Wolfsexperte aus Minnesota, "nämlich, daß der Hund ein domestizierter Wolf ist".

Das Forscherteam untersuchte die DNA aus den Mitochondrien, den Energielieferanten der Zelle. Die Mitochondrien-DNA wird nur mütterlicherseits vererbt. Ein bestimmter Abschnitt dieser Gensequenzen, die sogenannte Kontrollregion, ist für seine relativ hohe Mutationsrate bekannt. Die Kontrollregion kann deshalb gewissermaßen als molekulare Uhr dienen, an der Wissenschaftler die Zeit ablesen, die zwei Arten von ihrem gemeinsamen Urahn trennt.

Diese "Mitochondrien-Uhr" eichten die Forscher auf die DNA-Unterschiede zwischen Wölfen und Kojoten, deren stammesgeschichtliche Wege sich vor einer Million Jahren getrennt haben. Das ist durch archäologische Funde belegt. Seit dieser Zeit haben sich etwa siebeneinhalb Prozent des mitochondrialen Erbguts von Kojoten und Wölfen verändert.

Die erste Zähmung eines Wolfs könnte den genetischen Indizien zufolge bereits vor 135 000 Jahren stattgefunden haben. Das wäre fast zehnmal früher als bislang angenommen. Denn aufgrund von Knochenfunden gilt die Zeit vor 14 000 Jahren als Fiffis Geburtsdatum, das den Beginn der gemeinsamen Geschichte von Mensch und Hund markiert. Er ist wahrscheinlich das älteste aller Haustiere. Spanische Felsmalereien aus der Steinzeit, die Jahrtausende alt sind, zeigen den Hund bereits als Jagdhelfer des Menschen.

Lange vorher schon hatten die Vorfahren des Menschen und Wölfe denselben Lebensraum besiedelt. Altertumsforscher fanden Wolfsknochen nicht weit entfernt von rund 400 000 Jahre alten Gebeinen, die von Urmenschen stammten. Wayne und seine Kollegen stellen nun die Hypothese auf, daß die Hunde der Frühzeit beziehungsweise die gezähmten Wölfe sich lange Zeit im Körperbau nicht von den wilden Vorfahren unterschieden haben. Erst vor rund 15 000 Jahren, mit der Entwicklung des Menschen vom Jäger und Sammler zum Ackerbauer und Viehzüchter, hätten sich die Zuchtkriterien für die vierbeinigen Begleiter geändert.

Vielleicht wählte der Mensch bewußt kleinere und weniger kräftige Exemplare zur Zucht. Das würde jedenfalls die damals zutage tretenden morphologischen Unterschiede zwischen Wolf und Hund erklären. Die Forscher vermuten außerdem, daß die Frühzeit-Hunde immer mal wieder "fremdgegangen" sind und sich mit ihren wilden Vorfahren gepaart haben. Dieser genetische Austausch könnte die Basis für die künstliche Selektion durch den Menschen geschaffen haben, die schließlich zu rund 300 Hunderassen geführt hat. Die treuen Gefährten, die auch in den alten Kulturen Chinas und Indiens, in Griechenland und im antiken Rom ihren Platz hatten, wurden je nach Bedarf und Zeitgeist über Jahrhunderte hinweg gezüchtet, bis sie doggenhaft monströs oder mopsartig zerknautscht aussahen.

Das Team der schwedisch-amerikanischen Wissenschaftler hat darüber hinaus versucht, die Erbinformationen der untersuchten Hunderassen den heute lebenden Wolfspopulationen zuzuordnen. Vergeblich. Die eigentlichen Vorfahren und ihre Herkunft bleiben, so Wayne, "ein Rätsel". Er vermutet, daß die urzeitliche Wolfsfamilie ausgestorben ist.

Der Unterschied zwischen Wolf und Hund

Es gibt über 400 Rassen von Haushunden. Alle haben eines gemeinsam, den Ahnen WOLF als Stammvater!

Jede Rasse ist infolge Selektion (Auswahl) durch den Menschen entstanden. Der Wolf zeigt im Gegensatz zu den Hunden relativ wenig Varianten. Im Gegensatz zu den sich äußerlich sehr stark vom Wolf unterscheidenden Rassen wie Pinscher und Bulldogge ähneln Deutscher Schäferhund, Malamute, Husky und Layka dem Wolf schon sehr. Es kann vorkommen, daß sich Wölfe mit diesen wolfsähnlichen Rassen kreuzen. Deren Nachkommenschaft sind dann kaum von Wölfen zu unterscheiden.
Die typischen Unterscheidungsmerkmale werden in zwei Gruppen unterteilt:
Morphologische Unterschiede (Äußeres Erscheinungsbild): Im allgemeinen trägt der Wolf die Rute waagrecht oder etwas gesenkt. Der Hund dagegen hält die Rute erhoben, oft auch eingerollt.
Der Wolf hat eine Violdrüse, diese fehlt beim Hund.
Die Hinterpfoten setzt der Wolf auf die Spur der Vorderpfoten, der Hund seine Hinterpfoten zwischen die Spur der Vorderpfoten.
Anatomische Unterschiede Die Unterschiede zwischen Wolf und Hund liegen vor allem bei den Schädelmerkmalen. Besonders auffällig ist die unterschiedliche Größe des Augenhöhlenwinkels. Beim Wolf beträgt dieser Winkel 40 bis 45 Grad, bei Hunden 53 bis 60 Grad, beim Deutschen Schäferhund jedoch 50 Grad. Er ist dem Wolf am ähnlichsten. Ein weiterer Unterschied besteht im Volumen der Gerhirnkapsel, die beim Wolf entschieden größer ist. Die Größe des vorderen Teiles des Unterkiefers und die Anordnung der Schneidezähne: Beim Wolf ist dieser Teil des Unterkiefers verhältnismäßig schmal, seine Schneidezähne sind dicht zueinander angeordnet. Beim Hund ist der Unterkiefer verhältnismäßig breiter, die Zähne sind in Abständen weiter zueinander angeordnet.

Vom Zehnkämpfer Wolf zum Facharbeiter Hund

Die Domestikation: Unter Domestikation versteht man die Eingliederung einer Tierart in den Hausstand des Menschen. Mit der Haustierwerdung gehen verschiedene Änderungen im Verkaltensrepertoire des Tieres einher, die sich im Vergleich zur Wildform, dem Wolf, in einer Verhaltensdämpfung oder im Wegfall von Verhaltensweisen äußern, was das enge Zusammenleben mit dem Menschen erst möglich macht. (Hemmer, 1983) Der Grad der Domestikation reicht von Primitivrassen bis zu Hochzuchtrassen, wobei sich die Primitivrassen (Dingo, Basenji, nordische Schlittenhunde, etc.) eine gewisse Unabhängigkeit vom Menschen bewahrt haben, während die Hochzuchtrassen in wesentlich höherem Maße vom Menschen abhängig geworden sind. Erst das angeborene Fehlen vieler beim Wildtier, also beim Wolf, festgelgter instinktiver Verhaltensweisen (z.B. die Fluchttendenz) macht den Hund zu dem anpassungsfähigen Begleiter des Menschen und unterscheidet ihn so wesentlich von seiner Wildform, dem Wolf (Feddersen-Petersen, 1986). Mit dem partiellen Wegfall der Festlegungen auf vorhersagbare, instinktgesteuerte Handlungsabläufe hat der Hund als Folge der Domestikation einen Freiraum gewonnen: Ein Verhalten, das nicht genitisch fixiert ist, bietet ihm die Möglichkeit, es erst durch einen Lernprozeß festzulegen und erlaubt ihm damit eine flexiblere Anpassung an eine sich wandelnde Umwelt. Darüber hinaus ist den Haustieren die Tendenz zu einer "Verjugendlichung" oder Fetalisation eigen (Zimen, 1988) Die Reifeprozesse verschiedener Verhaltensweisen des Hundes unterscheiden sich in Entwicklungsgeschwindigkeit und -endpunkt von denen der Wildform Wolf. Es gibt also Hunde, die in Bezug auf bestimmte Verhaltensweisen nie ganz erwachsen werden. Der Grad einer solchen Fetalisation ist gleichzeitig auch Maßstab für die Abhängigkeit des Hundes vom Menschen. Ein Beispiel: Junge Wölfe jagen Krähen auf freiem Feld hinterher. Schon nach einem fehlgeschlagenen Versuch geben sie, noch im Welpenalter, das Hinterherjagen ein für allemal auf (Zimen, 1990)Der Energieaufwand wird nicht durch Beutefang belohnt, also werden die Krähe aus dem Beuteschema gestrichen. Hunde mit einen hohen Fetalisationsgrad laufen ihr ganzes Leben den Vögeln hiterher. Sie sind nicht etwa dümmer, ihnen macht das Rennen einfach Spaß und sie brauchen sich um ihre Energiebilanz keine Gedanken machen, weil sie sich voll und ganz in die Abhängigkeit des Menschen begeben haben.
Erstaunlich, was der Mensch aus dem Wolf gemacht hat: nützliche Haustiere mit tausend Formen und Fähigkeiten. Und alle sind sie schon im "Urhund" Wolf angelegt! Worauf Züchter besonders stolz sind: Viele Hundearten übertreffen heute den Wolf. Sie bellen ausdrucksvoller. Manche jagen, ohne das Wild zu reißen oder gar zu fressen. Andere laufen schneller.
Und Hirtenhunde bewachen sogar des Wolfes liebste Beute - das Schaf!
Aus einem "Zehnkämpfer", der viele Disziplinen beherrschte, wurden "Spezialisten" - zum
Nutzen des Menschen.
In der Wildnis überleben könnten freilich nur noch die wenigsten Hunde.

Nachgeschlagen

Die noch heute weithin verbreitete Vorstellung vom Wolf als Bestie stammt aus dem 17. Jahrhundert. Zu dieser Zeit herrschte vielerorts eine Tollwut-Epidemie, und wie heute Füchse, waren damals hauptsächlich die Wölfe von der Krankheit befallen. Vielfach wurden Menschen auf den Feldern und in den Wäldern angegriffen. Einzelne Wölfe suchten auch die Dörfer auf, nachdem sie infolge des Tollwutbefalls ihre angeborene Scheu vor dem Menschen verloren hatten, und bissen auf ihre Opfer ein. Es kam zu dramatischen Vorfällen und zum unerbittlichen Haß gegen den Wolf.

USA: Wölfe wieder da
Die 1995 im Yellowstone Nationalpark und im US-Staat Idaho ausgesetzten kanadischen Wölfe haben ihre neue Umgebung angenommen. Das beweisen mehrere Jungtiere in den fünf Rudeln.
Die Wölfe halten seither die Wildpopulation in der Balance und haben weniger Schafe gerissen, als die Farmer der Region befürchtet hatten. Da die Tiere zusätzliche Touristen anziehen, tragen sie auch zur Einkommenssteigerung der ländlichen Gebiete bei.
Wölfe waren vor der Umsiedlungsaktion in den USA - außer Alaska - vom Aussterben bedroht. Wissenschaftler hoffen nun, den Wolf bald von der Liste der bedrohten Tierarten streichen zu können.
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Wolfskrankheiten

Wölfe können von den selben Krankheiten und Parasiten befallen werden wie Hunde. Wenn ein Wolf aber durch Hunger oder Wunden, die ihm ein Beutetier zugefügt hat, geschwächt ist, können ihm Würmer, Läuse oder andere Krankheiten leicht den Rest geben. Besonders schlimme Folgen für den Wolf haben Krankheiten, die in neuester Zeit aufgetreten sind.

Der Parvovirus wurde erstmals etwa 1977 bei Hunden festgestellt. Er breitete sich schnell auch in der Wolfspopulation aus. "Parvo" ist tödlich für Hunde- und Wolfswelpen.
Die Lymesche Krankheit, eine Krankheit des Menschen, die von bestimmten Zecken übertragen wird, infiziert auch Hunde und Wölfe, die Folgen sind unter Umständen verheerend.
Der Herzwurm ist eine Krankheit, die wahrscheinlich von Hunden , die an Feldforschungen teilnahmen, auf den Wolf übertragen wurden. Hunde und Wölfe sind die Wirtstiere des Wurms, der winzige Mikrofilarien (fadenartiger Wurm) ins Blut entläßt. Moskitos übertragen sie von infizierten Tieren auf gesunde, die Würmer nisten sich dann im Herzen oder größeren Blutgefäßen ein, wo sie heranwachsen. Mehrere erwachsene Exemplare können den Blutstrom zu den Lungen einschränken und so die Fähigkeit des Wolfs, große Entfernungen mit hoher Geschwindigkeit zurückzulegen, untergraben. Je älter dann der Wolf wird, desto größer die Menge der Parasiten und desto geringer seine Ausdauer. Wandern und jagen wird immer schwieriger.



Werner Freund:

STADT DER WÖLFE
Im Jahr 1972 wurde ein Fallschirmjäger-Bataillon nach Merzig (Saarland) verlegt. Beim Einzug in die Stadt marschierte die russische Braunbärin Kalinka mit mir an der Truppenspitze.
Wer hätte damals gedacht, daß Merzig einmal die "Stadt der Wölfe" werden würde!
(Werner Freund in seinem Buch "Werner Freund - Der Wolfsmensch)

Die Natur kennt keine Bestien; sie werden von Menschen gezüchtet

Immer wieder sagen Leute über einen bissigen Hund, er sei "so scharf wie ein Wolf".
Doch WOLF IST WOLF UND HUND IST HUND! Durch jahrtausendelange Züchtung sind verschiedene Hunderassen zum Gebrauchtsobjekt oder zur Waffe für Ihre Besitzer geworden. Der Wolf hingegen ist ein Wildtier geblieben, und sein Naturell widersetzt sich der Macht des Menschen, der versucht, alles im Tierreich zu beherrschen und auszubeuten. In diesem Sinne wird der Wolf in unserer auf Profitstreben ausgerichteten Gesellschaft als nutzloses oder gar schädliches Geschöpf angesehen.
Enttäuschend verlief früher wie noch heute für gewisse Hundezüchter die Einkreuzung eines Wolfs oder einer Wölfin in eine bestimmte Hunderasse. Sie hatten erwartet, daß die "Schärfe" des Wolfs bei den Kreuzungswelpen weiterwirkt. Doch das Gegenteil war der Fall. Denn es zeigte sich, daß die Menschenscheu des Wolfs genetisch tief verwurzelt ist und als dominierende Eigenschaft vererbt wird. Mit diesen scheuen Tieren, die sich dem menschlichen Unterwerfungswillen widersetzten und unter Zwang zu Angstbeißern wurden, war nichts anzufangen. Sie ließen sich partout nicht darauf dressieren, andere Menschen anzugreifen, waren somit für die Züchter nicht als Gebrauchshunde zu verwenden und galten damit als minderwertig.
(Quelle: Werner Freund - Der Wolfsmensch)
Er träumt davon, ein Wolf zu sein

Bericht über Werner Freund und seine Wolfsrudel.
Aus DIE WELT Nr. 100-18

Die Wölfe kehren zurück nach Deutschland - Werner Freund will den Menschen die Angst vor dem Urahnen der Hunde nehmen.

Von HANS-WERNER LOOSE
Merzig - Canis lupus kehrt zurück. Wölfe streben aus Polen nach Brandenburg, wo 1823 das letzte Tier erlegt wurde. Sie fallen von Italien ins schweizerische Wallis ein; sie heulen im Tessin und in Graubünden - zur Freude der Naturschützer, zum Ärger der Schäfer. Im Saarland ist der unzähmbare Urahn aller Pinscher und Pudel, Doggen und Dobermänner längst heimisch: auf vier Hektar im Merziger Kammerforst.

Werner Freund (65) lebt mit Rudeln, die als Synonym für Wildnis gelten und als Gegenpol zur überregulierten Zivilisation. Er hat sich ihren Gesetzen unterworfen, fühlt sich als "Wolf unter Wölfen" und verspottet Hunde als "entartete Supermarkt-Raubtiere". Nachts träumt der drahtige, bärtige Mann davon, selbst ein Wolf zu sein. Nachdem er im oberhessischen Garbenteich als Sechsjähriger seine Welpe Flora aufgezogen und sie zum Schafehüten abgerichtet hatte, wollte Werner Freund Förster werden. Doch er wurde Gärtner und pflegte den Garten der Stuttgarter Wilhelma. Er half einem Löwenbaby auf die Welt, fing einen entlaufenen Rehbock ein und rettete eine Elefantenkuh vor dem Feuer. Die beiden Wölfe in einem kleinen Gehege faszinierten den Jungen am stärksten - aber sein Weg zum Wolf führte über den Bären.

Freund ging 1934 zum Grenzschutz, wechselte zwei Jahre später zur Bundeswehr umd bildete in den Pfälzer Wäldern Einzelkämpfer aus. Der Kommandeur des Fallschirmjäger-Bataillons 262 befahl seinen Feldwebel zu sich, "um ein angemessenes Maskottchen aufzutreiben". Der Zugführer gehorchte; er erstand bei einem Tierhändler für 400 Mark eine russische Braunbärin, mit der er lieber im Wald als in der Kaserne übernachtete und deren schwere Hiebe auf die Helme der Rekruten "wie ein Ritterschlag waren".

Nach seinem "Bärendienst" fürs Vaterland las der Stabsfeldwebel a. D. beim Frühstück mit seiner Frau Erika in einer Zeitung für Geflügelzüchter ein Inserat: "Drei junge Wölfe abzugeben." Er fuhr mit einem Scheck über 400 Mark vom Ersparten zu einer Zoohandlung nahe Darmstadt und kaufte den ersten der Welpen, die sein Leben veränderten: "Wenn ich damals gewußt hätte, was ich heute weiß, hätte ich den ganzen Wurf nehmen müssen."

Hinter seinem Blockhaus am Rand des Merziger Mischwalds geht Werner Freund durch eine Sicherheitsschleuse zu drei weißen Polarwölfen, als seien es Meerschweinchen. Zu seinen Füßen entblößen zwei riesige, 50 Kilogramm schwere Rüden die Fangzähne und knurren, Kehle an Kehle. Eine Wölfin reckt den Kopf in den Regen und heult. "Ich bin kein Leitwolf", ruft der Wolfsmensch durch den Zaun des Geheges, "ich bin nur ein Kumpan des Alphawolfs; mit ihm muß ich klarkommen."

Alphatiere führen die geschätzten 300 000 Wölfe auf der nördlichen Erdhalbkugel. Der Leitwolf ist der unumschränkte Herrscher; nur er darf sich fortpflanzen; er trifft in freier Wildbahn alle Entscheidungen Aufbruch der Kämpfer zur Jagd, Betreuung des Nachwuchses durch die Ammen, Beginn der Wanderung. Freund nennt ein Projekt in den rumänischen Karpaten "beispielhaft": Für 850 000 Mark, mit Zuschüssen von der Stiftung Euronatur und von der Weltbank, leben 3000 Tiere in einer Gegend, die einst Transsylvanien hieß und als Heimat des Grafen Dracula verrufen war.

Sein "Wolfpark" für den er den Saarländischen Verdienstorden erhalten hat, sei "leider nur ein "Miniaturreservat" mit 25 Tieren - indische und europäische Grauwölfe, weiße Arktiswölfe, kanadische Timberwölfe. Werner Freund geht in die abgeschotteten Gehege mit sechs Rudeln, die für jeden Außenseiter der wölfischen Gemeinschaft tödlich wären. Indes: Vor jedem Besuch muß er einen anderen seiner sechs Bundeswehr-Overalls anziehen, weil der Geruch rivalisierende Rudel zum Angriff reizen würde: "In den Großfamilien hat jeder seinen Platz, für jeden ist gesorgt - aber Eindringlinge werden nicht geduldet."

Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz lobte den Wolfsforscher; Heinz Sielmann stellt ihn in eine Reihe mit Heinz Meynhardt. der mit Wildschweinen auf Trüffelsuche ging. "Der Mensch hat den Hund domestiziert", doziert der Autodidakt Freund, "ich habe mich von den Wölfen domestizieren lassen und bin ein Teil ihrer Lebensgemeinschaft." Manchmal sei er "erstaunt, wie sehr ich schon zum Wolf geworden bin"

Für jährlich 100 000 Besucher von Jever bis Japan ist Freund der furchtlose Mann, der in Merzig mit dem Wolf tanzt, rauft und schläft. Aber er hat auch andere Gäste, schlimmere als jene, die keine Münzen als Spenden in die Parkuhren stecken, um zum Fleisch aus der Kühltruhe - zwei Kilo pro Tier und Tag - beizutragen. Wie das Paar mit dem Pitbull: Vor dem Maschendraht, der ein Rudel Timberwölfe vom Waldweg trennt, läßt der Mann seinen Kampfhund von der Leine. Der Alphawolf springt knurrend gegen den Zaun; der Pitbull schaut ihm ins bernsteinfarbene Auge und sucht winselnd Schutz bei seinem enttäuschten Herrn. "Es gibt schon komische Leute", sagt Freund und erzählt von einem, der ihm seinen Schäferhund als Futter angeboten hat: "Das arme Tier hatte die Schutzhundeprüfung nicht bestanden."

Werner Freund freut sich auf die Rückkehr der Wölfe. Sie würden "höchstens mal ein Schaf reißen", meint er und nennt die jüngsten Jagdszenen aus der Eifel "ganz überflüssig": Vier von fünf Wölfen, die aus einem Gehege entkommen waren, wurden inzwischen abgeschossen - "dabei wären sie bestimmt freiwillig zurückgekehrt,wenn man sie nur gelassen hätte". Dem Menschen, ihrem einzigen Feind, würden Wölfe nie gefährlich werden: "Schließlich ist die Geschichte vom Rotkäppchen, dessen Großmutter vom bösen Wolf gefressen wurde, nichts als ein böses Märchen."



Mythen

Mythen, Märchen und Legenden
Kaum ein anderes Tier hat es geschaft, in der Kulturgeschichte fast aller Urvölker der Nordhalbkugel eine so zentrale Rolle zu spielen
wie der Wolf. In der germanischen Mythologie begleiten die beiden Wölfe Geri und Freki den Toten- und Kriegsgott Wotan.
Indianer Nordamerikas sehen den Wolf als Bruder und Romulus und Remus (die Stadtgründer Roms) wurden der Legende nach von
einer Wölfin grossgezogen.
War dem Wolf ursprünglich positive Eigenschaften zugeschrieben, so änderte sich dies, als die Menschen sesshaft wurden. In den
Fabeln taucht er von nun an als der gefrässige, dumme und bösartige Isegrim auf. In den Märchen frass er Rotkäppchen oder die
sieben Geisslein.
Selbst die Kirche verteufelten den Wolf als den leibhaftigen Satan. Bald kam zum Hexenglauben das Bild des Werwolfes hinzu. 1498 erschien der "Hexenhammer", eine Anleitung, zur Erkennung von Hexen und Werwölfen. Während der abergläubischen Zeit des Mittelalters und der Inquisition mussten unzählige Menschen einen grausamen Tod als vermeintliche Werwölfe sterben. Bis
heute ist der Glaube an den Werwolf nicht verschwunden. Besonders in ländlichen Gebieten Süd- und Osteuropas glaubt man noch
an Werwölfe.

Heute existieren bei uns zwei Bilder des Wolfes nebeneinander:
1. die gefährliche, zähnefletschende Bestie und
2. die zu unrecht verfolgte Kreatur, ein Symbol für Wildnis und Freiheit.
Bleibt zu hoffen, das der Mensch immer mehr erkennt, daß das zeite zutrifft und das erste in das Reich der Mythen und Märchen gehört